Ist die Farbe Türkis eher blau oder eher grün? Über diese Frage gab es in meiner Familie keine Einigkeit, obwohl alle Beteiligten denselben Vorhang meinten. Ich fragte mich: warum streiten sie? Geht es um Worte? Oder sehen sie verschiedene Farben? Oder beides? Und muss man drüber streiten? Worum geht es beim Streiten wirklich? Das hat mich sehr beschäftigt.
Mein Philosophiestudium, die Arbeit in der Volksschule mit Kindern aus ganz unterschiedlichen Familien, die lange Tätigkeit als Radio Ö1-Redakteurin mit Schwerpunkt Philosophie und Religion, aber auch längere Aufenthalte in Asien und Lateinamerika, Reisen nach Afrika, und nicht zuletzt die Lektüre vieler Bücher haben mir gezeigt, wie unterschiedlich Menschen die Welt sehen und ihr Leben darin gestalten.
Soziale Gerechtigkeit und Anerkennung der Unterschiede sind Schlüssel für ein friedliches Zusammenleben ohne Ressourcenkämpfe. Tief beeindruckt haben mich Menschen wie z.B. der Jesuit und Zen-Lehrer Hugo M. Enomiya-Lassalle, Bischof Dom Erwin Kräutler, die Dalit-Aktivistin Ruth Manorama, der muslimische Reformdenker Ali Asghar Engineer, und die vielen Menschen, die an den „grassroots“ ihr Leben einsetzen für eine bessere Welt.
Die Verbindung von Zen-Übung und Christentum, ein Teil meiner Biographie, hat mir gezeigt, dass religiöse Mehrsprachigkeit neue Wege der Spiritualität öffnen kann. Die Erfahrung, dass es eine Dimension jenseits von Worten, Begriffen, Emotionen und Wünschen gibt, in der scheinbar unversöhnbare Gegensätze zu gemeinsam lebensstiftenden Qualitäten werden, lässt hoffen.